Gestern Nacht wurden zum mittlerweile 91. Mal die Preise der Akademie für Filmkunst und -Wissenschaft vergeben. Erstmals seit 30 Jahren wurde die Show ohne einen Moderator ausgetragen, da Kevin Hart abgesagt hatte. Die Show von 1989 floppte durch unglücklich besetzte Shownummern, die eher die Geduld der Zuschauenden strapazierten als zu unterhalten.
Dies konnte diesmal nicht passieren, denn Queen mit Sänger Adam Lambert eröffneten die Show mit einem kleinen Medley aus „We will rock you“ und „We are the Champions“ - was nicht nur die Stars im Dolby Theatre® im Hollywood & Highland Center® in Hollywood begeisterte, sondern auch ein Zeichen setzte, wohin der Abend gehen sollte.
Mit insgesamt 4 Oscars® wurde Bohemian Rhapsody ausgezeichnet - für Tonschnitt und -Abmischung, Filmschnitt sowie Hauptdarsteller Rami Malek, Sohn von ägyptischen Immigranten und nun in erster Generation Amerikaner, der sich bei Queen bedankte: »Danke, Jungs, dass ihr da seid und mir gestattet habt, der kleinste Teil eures phänomenalen, außergewöhnlichen Erbes zu sein!«
»Quick update for everybody: In case you're confused, there is no host tonight, there won't be a popular movie category and Mexico is not aiming for the wall.«
Als erste Präsentatoren kamen die ehemaligen Saturday Night Live-Komikerinnen Maya Rudolph, Tina Fey und Amy Poehler auf die Bühne und erklärten dem Publikum, was es zu erwarten hat - und hätte, wenn die Drei die Moderatorinnen der Show gewesen wären. Damit war dann auch das Eis gebrochen, das sich im Vorfeld durch die Erwartungen aufgebaut hatte. Und ich muss sagen: So geht's auch! Man ist zwar letztlich nicht auf die anvisierten 3 Stunden gekommen, aber dennoch weit kürzer als im vorigen Jahr.
Überraschungen bei den Preisen gab es nur wenige, da größtenteils die Golden Globes® die Preisvergabe beeinflusst zu haben scheinen, denn auch hier bekamen Regina King für ihre tragende Rolle in Beale Street, Olivia Colman (die eigentlich noch einen Preis für die knuffigste Dankesrede hätte bekommen müssen) für ihre Hauptrolle in The Favourite sowie Mahershala Ali (der den ganzen Abend mit seiner Mütze wie Eddie Murphy in Der Prinz aus Zamunda aussah) für seine tragende Rolle in Green Book sowie Alfonso Cuarón für seine Arbeiten an der Netflix-Produktion Roma die äquivalenten Preise verliehen. Auch erhielt Spider-Man: A new Universe den Preis für den besten Animationsfilm sowie Vice für das beste Makeup.
Da es bei den Oscars® keine Genreunterteilungen gibt, musste die Wahl für den besten Film zwischen Green Book und Bohemian Rhapsody entschieden werden. Als Filmkenner konnte es natürlich nur noch Green Book werden, denn Rami Maleks Porträtierung von Freddy Mercury war zwar einen Oscar® wert, doch der Film verfährt sich mittendrin, vermutlich auch der Regieübernahme von Dexter Fletcher geschuldet. Und Green Book ist einfach eine perfekte Mischung aus Unterhaltung und Anspruch.
Regisseur und Produzent Peter Farrelly bedankte sich bei seinem Hauptdarsteller Viggo Mortensen, dem er seinen Oscar® verbal übergab. »Die ganze Geschichte dreht sich um Liebe«, sagte er. »Es geht darum, sich trotz aller Unterschiede zu lieben, und die Wahrheit darüber zu finden, wer wir sind. Wir sind alle gleich.« Produzent Charles B. Wessler ergänzte: »Danke an die Akademie dafür, aber ich will das hier nur noch unserer großartigen Freundin Carrie Fisher widmen.«
»And my kids who are at home and watching, look! Well, if you’re not, then kind of...well done! I sort of hope you are. This is not going to happen again.« - Olivia Colman
Die zwei deutschen Beiträge, Werk ohne Autor und Kinder des Kalifats, gingen leider leer aus. Als große positive Überraschung erhielt Marvels Black Panther gleich drei Auszeichnungen - für das beste Kostüm, die Bauten und Filmmusik - und schiebt sich in der Anzahl der gewonnenen Preise auf die gleiche Höhe wie Green Book und Roma. Eine weitere Überraschung war der Oscar® für die besten visuellen Effekte, den Aufbruch zum Mond erhaschte. Dass man mit penetranter Wackelkamera Filme wie Christopher Robin, Solo: A Star Wars Story, Avengers | Infinity War und Ready Player One ausstechen kann, ist beachtlich wie auch unverständlich.
Eine weitere Überraschung war, die Schauspielerin Jaime Ray Newman auf der Bühne zu sehen, die erstmals als Produzentin fungierte und mit dem Kurzfilm Skin des israelischen Filmemachers Guy Nattiv den Preis für den besten Real-Kurzfilm entgegennahm. Der Film diente als Vorlage für den gleichnamigen Spielfilm, den der Regisseur im Anschluss mit Jamie Bell drehte, der in der Panorama-Sektion auf der Berlinale seine Uraufführung hatte. Frau Newman hat darin übrigens auch eine kleine Rolle übernommen.
Auch durfte Spike Lee mit seiner arg böswitzigen Undercover-Komödie BlacKkKlansman erstmals einen Oscar® in Empfang nehmen. Der ganz in Lila gekleidete Regisseur, der den Preis für das beste adaptierte Drehbuch erhielt, übernahm das Mikrofon und ignorierte einfach seine Kollegen Charlie Wachtel, David Rabinowitz und Kevin Willmott. Dabei hält er eine Rede über den Black History Month, dass genau vor 400 Jahren die Vorfahren als Sklaven von Mutter Afrika nach Jamestown, Virginia, gebracht wurden, über seine Oma, die ihn „Spikie Poo“ nannte, über die Menschlichkeit und die nächsten Präsidentenwahlen, die im nächsten Jahr anstehen, und dass alle auf der richtigen Seite der Geschichte stehen sollen. Das war klar, aber unfair seinen Mitautoren gegenüber.
Es gab aber auch witzige Höhepunkte. Mike Myers und Dana Carvey haben zusammen den nominierten Bohemian Rhapsody vorgestellt - zwar nicht im 90er-Jahre-Outfit ihrer alter egos aus Saturday Night Live, aber zumindest in derer Charaktere »Wir sind unwürdig!« rufend. Und Melissa McCarthy begeisterte alle mit ihrem königlichen Kostüm mit Schleppe und einem Dutzend Hasen darauf. So ganz auf dem Boden lag man vor Lachen, als sie den Gewinnerumschlag mit einem Hasen auf der Hand öffnen wollte. Auch nett war der Einfall, die Präsentation für den besten fremdsprachigen Film von Javier Bardem in dessen Heimatsprache untertitelt durchzuführen, woraufhin Gewinner Alfonso Cuarón in seiner Rede fragte, ob er denn jetzt auch untertitelt werde.
Ein weiterer Höhepunkt war die Präsentation des Liedes „Shallow“ aus A Star is born, das Bradley Cooper und Lady Gaga live vortrugen und Gänsehaut auslösten - ein Grund, warum nur dieses Lied den Oscar® bekommen konnte. In ihrer Rede bedankte sich die platinblonde Sängerin mit dem kräftigen Oberbau bei allen und appellierte erneut, dass sie einen langen Weg hierher hatte, dass alles harte Arbeit sei usw. Aber immerhin ließ sie noch ihren Mitstreiter Mark Ronson kurz zu Wort kommen!
Im Großen und Ganzen hat die Show ohne Moderator gut funktioniert. Die Farbe des Abends war eindeutig Rot - rote Rosen als Oscar®-Statuetten, knallrote Umschläge, rote Kleider (besonderer Fail war das rote Plastikfolienkleid von Rachel Weisz!) in allen Tönen von knallrot bis Aquaman-Rosa. Der Farbkoordinator sollte zumindest zur nächsten Show 2020 ausgewechselt werden! Das betrifft auch die ProSieben-Pleite am Roten Teppich! Steven Gätjen hat kaum jemanden vor's Mikrofon bekommen, weil die Stars vorher abgebogen sind, und Annemarie Carpendale und Viviane Geppert haben sich vor Ort(!) mit Bill Kaulitz(!?) über die Stars unterhalten, während neben ihnen die Stars von Jimmy Kimmels Assistenten Guillermo Rodriguez mit Tequila verköstigt wurden. Die Drei konnte man einfach nicht (mit)ansehen. Also für 2020 bitte entweder vernünftige Reporter hinschicken oder die Aktion ganz sein lassen! ■ mz
25. Februar 2019
Show/Unterhaltung
197 min
24. Februar 2019
ABC
drehbuch
Jon Macks, Mitchell Marchand, Mike Reiss, Matt Roberts, Beth Sherman
Carol Leifer, Chuck Sklar, Mason Steinberg
musik
Rickey Minor, Chris Walden
kamera
regie
Glenn Weiss
produktion
A.M.P.A.S.
sender
abc | ProSieben
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