Beziehungsweise New York
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Acht Jahre ist das „Wiedersehen in St. Petersburg“ jetzt her. Cédric Klapisch schließt nun mit Beziehungsweise New York die Trilogie um die Barcelona-WG des Erasmus-Studenten Xavier Rousseau, der vor 11 Jahren auszog, um im Ausland zu studieren. 2002 ging Xavier nach Barcelona und machte dort u.a. die Bekanntschaft von der hübschen Britin Wendy und der homosexuellen Isabelle und verlor durch die geografische Distanz zu Paris seine Freundin Martine. Drei Jahre später traf sich die Clique in St. Petersburg zur Hochzeit von Wendys Bruder wieder. Zwischenzeitlich hatte sich Xavier in Wendy verliebt und reiste immer wieder zu ihr nach London.
In den letzten 8 Jahren haben sich die beiden geliebt, gelobt, geheiratet und leben mittlerweile in Trennung. Auch seinen Job schmiss Xavier hin, denn er hat nicht die ganzen Studienstrapazen auf sich genommen, um Akten zu schieben. Wendy hat sich in New York in John verliebt und zieht mit den beiden Kindern zu ihm. Das gefällt Xavier überhaupt nicht, woraufhin der erzürnte Franzose ihr nachreist, damit er wenigstens seine Kinder öfter sehen kann. Doch für einen längeren Aufenthalt braucht man in den USA bekanntlich eine Green Card.
Zunächst wohnt Xavier bei Isabelle und ihrer Weggefährtin Ju, die ebenfalls in New York leben. Er schlägt sich als Fahrradkurier durch und knüpft dort neue Freundschaften. Ju, die chinesische Wurzeln hat, hat eine kleine Wohnung in Chinatown, die sie dem verzweifelt eine Wohnung suchenden Xavier vermietet. Wendy ist ihm gegenüber zunehmend feindlich eingestellt, vor allem, da Xavier als Samenspender für Isabelles Nachwuchs in Frage kommen soll. Es entfacht sich ein ernsthafter Eklat, als Xavier verhindern will, dass seine Kinder in New York auch noch eine amerikanische Privatschule besuchen sollen.
Einen teuren Anwalt, wie Wendy ihn hat, kann er sich nicht leisten, findet aber schließlich einen bezahlbaren, der zudem ziemlich gerissen ist. Der gibt ihm einen wichtigen Rat: Um in New York als freier Schriftsteller bleiben zu können, muss der Franzose heiraten, ganz egal wen. Xavier hat keine Ahnung, wer seine Braut werden könnte - bis er einem chinesischem Taxifahrer, der brutal zusammengeschlagen wird, zu Hilfe eilt. Nun hat Xavier bei dessen chinesischer Großfamilie einen Wunsch frei...
Als hätte Xavier nicht schon ausreichend Stoff für einen lebhaften Roman gesammelt, bekommt er vollkommen unverhofft Besuch: Seine Ex-Freundin Martine hat sich angemeldet. Sie ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau geworden, hat perfekt chinesisch gelernt und glaubt immer noch daran, dass Bioprodukte das Leben gesünder und die Gesellschaft fairer machen. Ausgerechnet Martine soll nun in New York knallharten Kapitalisten aus China die Vorzüge umweltfreundlicher Produkte nahe bringen.
Als Martine und Xavier eines Abends eigentlich ganz freundschaftlich das Bett teilen, können sie einander nicht widerstehen, vergewissern sich danach aber sofort, dass es schön, aber eine Ausnahme war. Dem Rat seines Anwalts entsprechend heiratet Xavier kurze Zeit später eine Verwandte des Taxifahrers. Nun müssen beide heile Weit spielen und die große Liebe mimen. Unaufhörlich sind sie auf der Hut vor der Einwanderungsbehörde (wie wir es aus dem Film Green Card kennen), die spontan und unangemeldet vor der Tür stehen kann.
Dumm nur, dass Xavier seine Bleibe auch gelegentlich Isabelle überlässt, die sich dort für kleine amouröse Abenteuer mit ihrer belgischen Babysitterin trifft, denn inzwischen sind zwei Agenten der Einwanderungsbehörde auf dem Weg zu Xaviers Wohnung, um einen authentischen Eindruck von Xaviers Eheleben zu bekommen. Xavier will Isabelle warnen, kann sie aber nicht erreichen. Und so sind Xavier, Ju und die Agenten im Wettlauf gegen die Zeit auf dem Weg zur Wohnung in Chinatown...
Damit wiederholt Klapisch das Thema aus seinem ersten Film, als Xavier durch Barcelona rennen muss, um eine ganz ähnliche Situation zu retten. Auch der verspielte Mosaik-Vorspann der ersten beiden Filme ist geblieben - diesmal jedoch mit Bildern unserer Hauptfiguren aus allen drei Filmen, um zu sehen, wie sie sich im Laufe der Jahre verändert haben.
Ebenfalls geblieben sind die national unterschiedlichen Filmtitel: Während im Original Nationalitäten im Titel enthalten sind (die spanische Herberge, die russischen Puppen, das chinesische Puzzle), die ebenfalls die Titel von Xaviers niedergeschriebenen Erlebnissen sind, mit denen er als Autor Erfolge feiert, legte man im deutschen Titel die Städte in den Vordergrund: Barcelona, St. Petersburg und jetzt New York.
Cédric Klapisch, Meister der verworrenen Beziehungskomödien, beweist mit Beziehungsweise New York einmal mehr sein liebevolles Gespür für die kleinen menschlichen Schwächen, für verwickelte Beziehungen und Irrungen der Liebe. Mit Frankreichs Publikumslieblingen Romain Duris, Audrey Tautou, Cécile de France und der bezaubernden Britin Kelly Reilly inszenierte Klapisch sein Beziehungskarussell und kann damit auf eine mittlerweile (ebenso wie die Schauspieler und deren Figuren im Film) herangewachsene Fangemeinde bauen. Wer die ersten beiden Filme nicht gesehen hat, muss nicht unbedingt an der Handlung des Films verzweifeln. Man kann sie sich jedoch online oder per Scheibenmedium daheim ansehen. Für Kenner der ersten beiden Filme gibt es auch noch als Bonbon ein Wiedersehen mit anderen Nebenfiguren aus Xaviers Vergangenheit. Bleibt jetzt nur noch abzuwarten, ob sich Regisseur und Schauspieler irgendwann noch einmal zusammentun, um zu sehen, was aus Xavier, Martine, Isabelle und Wendy geworden ist... ■ mz