Letzte Nacht wurden im Dolby Theatre® im Hollywood & Highland Center® in Los Angeles wieder die Oscars® verliehen. Nachdem Jimmy Fallon bei den Golden Globes gefallen hat, ist nun ein anderer Spät-Talker namens Jimmy an der Reihe: Jimmy Kimmel, der für seine Talkshow-Rubrik „Mean Tweets“ und seinem [gespielten] Zwist mit Matt Damon bekannt ist, durfte sich nun an der größten Hollywood-Show austoben. Nachdem im Vorjahr Chris Rock mit seinen „weißwaschenden“ Kritiken aneckte und die Show fast zu einem seiner Stegreif-Programme machte, lagen die Erwartungen bei Jimmy Kimmel etwas höher, zumal man in der Beziehung der „Mean Tweets“ zu Donald Trump einiges erwarten konnte.
Immerhin hatte sich im Vergleich zum Vorjahr so einiges in Hinsicht aufs „Weißwaschen“ bei den Nominierungen getan: Fences, Lion, Moonlight und Hidden Figures samt deren nicht-weißen Haupt- und Nebenfiguren waren nominiert gewesen. Allerdings wurde mit satten 14 Nominierungen des Musicals La La Land ordentlich gegengebuttert. Damit zieht der Film zumindest bei der Anzahl von Nominierungen mit Titanic und All about Eve gleich.
Im Allgemeinen lieferte die Show genau das, was im Vorfeld erwartet wurde - jede Menge spitze Bemerkungen gegenüber US-Präsident Donald Trump, das Genecke mit Matt Damon sowie auch die „Mean Tweets - Oscar Edition“. Es gab jedoch zwei Überraschungen, die die Zeremonie einschließen. Zum Einen: Justin Timberlake startete die Show mit seinem nominierten Lied „Can't stop the feeling“, bevor Jimmy Kimmel die Zuschauer in den 225 Ländern begrüßte, die »uns jetzt hassen« - also keine witzige Montage mit den nominierten Filmen oder eine ähnliche Eröffnungsnummer mit dem Gastgeber.
Was die Preisvergabe betrifft, konnten die Farbigen erwartungsgemäß nicht meckern: Mahershala Ali erhielt die Statue für seine Rolle in Moonlight, die er in einer komischen Einlage mit Touristen mal kurz zur Anschauung aus den Händen geben musste. Jimmy Kimmel ließ einen Hollywood-Tourbus umleiten, dessen Insassen ein Hollywood-Kleider-Museum besuchen sollten. Anstatt Statuen mit Kleidern sahen sich die wirklich penetrant klischeebehafteten Touristen, viele davon anderer Ethnizität, mit ihren Smartphones und Selfiesticks vor der ersten Reihe im Oscar®-Saal wieder und nutzten die Gelegenheit, den Stars der ersten Reihe die Hände zu schütteln, zu küssen oder mit ihnen Selfies aufzunehmen. Die ganze Nummer zog sich schließlich in die Länge, weshalb Herr Kimmel die Besucher mit der Wortpeitsche (»Nächster Halt Jason Batemans Haus!«) Richtung Ausgang trieb.
Zwischendurch ließ er auch mit Mini-Fallschirmen Süßigkeiten aufs Publikum nieder. Seitdem Ellen Degeneres Pizza verteilen ließ, hat sich die Zwischendurchverpflegung bei der Show offenbar etabliert. Später steigerte er sich mit Donuts und Keksen und scherzte noch rum, dass der Kaffee gleich hinterherkommt. Kam natürlich nicht, aber trotzdem haben einige beängstigt nach oben geguckt.
Viola Davis erhielt den Oscar® für ihre Darstellung in Fences. Wenn Rot die Farbe des Abends gewesen wäre, so hatte ihr Kleid die Farbe aufgebraucht. Es hatte dieselbe Farbe wie der knallige Lippenstift von Nicole Kidman, die nicht nur mit ihrer Haut verblasste, sondern wie auch der Film Lion insgesamt leer ausging. Auch die echte Katherine G. Johnson, die in ihren Neunzigern ist und im Rollstuhl auf die Bühne geschoben werden musste, wurde von den Hauptdarstellerinnen aus Hidden Figures vorgestellt. Und schließlich gewann auch noch Asghar Farhadi seinen zweiten Oscar® für The Salesman - Forushande. Dieser war jedoch nicht erschienen und ließ seine Dankesrede vorlesen, da er »aus Rücksicht auf die Menschen meines Landes und jene dieser anderen sechs Nationen, die von diesem unmenschlichen Gesetz, das Immigranten den Eintritt in die USA verwehrt, verächtlich behandelt werden« daheim geblieben war.
Auch stehende Ovationen durften nicht fehlen, ob zu Meryl Streeps 20. Nominierung, für die Weißhelme in Syrien zum Oscar® für den gleichnamigen Dokumentarkurzfilm oder für die Ehrenoscarpreisträger, zu denen auch Jackie Chan nach zahlreichen gebrochenen Knochen endlich zählt. Jimmy Kimmel ehrte auch den kleinen Sunny Pawar, der den jungen Saroo in Lion gespielt hat, indem er mit ihm die bekannte Hochhalteszene aus Der König der Löwen nachgestellt hat.
Zurück in die Zukunft-Fan Seth Rogen durfte Präsentator Michael J. Fox begrüßen, und das sogar in den neu erschienenen selbstschnürenden Schuhen, die Marty McFly im Film vorgestellt hatte. Und den Preis für die größte Frisur des Abends geht an Halle Berry, dessen riesengroßer Lockenschopf als Baumhaus für Ungeziefer herhalten könnte. Und nach Matt Damons „Beinstellen“ im Gang ließ es sich Jimmy Kimmel nicht nehmen, seinen „Rivalen“ als Präsentator zusammen mit Ben Affleck als „und Gast“ ankündigen zu lassen, und ließ dessen Teil der Rede mit der Rausschmeißmusik unterlegen, die er selbst dirigierte.
Doch zurück zu den Preisen: Entgegen der Musical-Euphorie für La La Land konnte sich der Film erwartungsgemäß lediglich in 6 der 14 Kategorien durchsetzen - beste Kamera, Filmmusik, bestes Lied „City of Stars“, Produktionsdesign, beste Regie sowie Emma Stone als beste Hauptdarstellerin. Dafür konnte Moonlight drei der acht Nominierungen in Gold verwandeln - bestes adaptiertes Drehbuch, Mahershala Ali als bester Nebendarsteller und zu aller Überraschung den Preis für den besten Film.
Diese zweite große Überraschung, die zum 50. Jubiläum von Bonnie und Clyde von einer ordentlich glattgezogenen Faye Dunaway und ihrem Filmpartner Warren Beatty präsentiert wurde, betrifft den letzten Preis für den besten Film. Wie hinterher bekannt wurde, bekamen die Präsentatoren den falschen Umschlag zugereicht. Warren Beatty las da nur La La Land und Emma Stone und zögerte erst, ließ dann seine Kollegin vorlesen. Erst als das La-La-Team auf der Bühne stand und mit der Dankesrede begann, erkannte man den Faux pas, holte den richtigen Umschlag und hielt ihn zum Beweis in die Kamera. Damit konnte Moonlight dem Auswahl-Klischee standhalten, denn es geht um einen homosexuellen farbigen Jungen, der im Drogenmilieu aufwächst. Und sowas ist bekanntlich einen Preis wert.
In einer Stellungnahme entschuldigten sich PriceWaterhouseCoopers für den Fehler und versprechen eine Nachforschung, wie das passieren konnte. Man bedauere den Fehler und bedankte sich für das entspannte Handeln der Akademie, ABC und Jimmy Kimmel. Letzterer beschuldigte zwar scherzhaft Steve Harvey, dem bei der Wahl der Miss Universe 2015 ein ähnlicher Fehler unterlaufen war und statt Miss Philippinen Miss Kolumbien zur Siegerin erklärt hatte, aber irgendwie kommt mir da doch eher Matt Damon ins Gedächtnis...
Zum Schluss sei noch anzumerken, dass Manchester by the Sea sowie Mel Gibsons Kriegsfilm Hacksaw Ridge jeweils zwei Oscars® bekommen haben. Kenneth Lonergans Drama erhielt die Auszeichnung für das beste Originaldrehbuch sowie Casey Affleck für die beste männliche Hauptrolle, während Hacksaw Ridge die eher technischen Oscars® für den besten Filmschnitt und die beste Tonmischung erhielt. Bester anmimierter Spielfilm wurde wie erwartet Zootopia/Zoomania. Und Sara Bareilles verabschiedete musikalisch die im letzten Jahr verstorbenen Künstler der Zunft mit Judy Collins' Lied „Both Sides now“. Alles in allem war die Show recht unterhaltsam, auch wenn man die ganze Zeit über auf einen Antwort-Tweet von Donald Trump gewartet hat. Immerhin hat die „meistüberschätzte“ Meryl Streep auch nicht gewonnen. ■ mz