Interview mit Kevin Bacon
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Er flog zum Mond, triezte straffällig gewordene Jugendliche, tanzte sich die Seele aus dem Leib und wurde sogar unsichtbar. In seinen Rollen hat der am 8. Juni 1958 in Philadelphia geborene Kevin Norwood Bacon schon so gut wie alles gespielt.
Bacon, der als einer der führenden Schauspieler seiner Generation gilt, besitzt seit dem 30. September 2003 einen eigenen Stern am Hollywood Walk of Fame. Zudem wurde der vielseitige Mime im Laufe seiner Karriere mit zahlreichen Filmpreisen ausgezeichnet, darunter 2009 mit dem Golden Globe und dem Screen Actors Guild Award für seine intensive Darstellung des Lieutenant Colonel Mike Strobl im HBO-Fernsehfilm Taking Chance.
Mit der Unterstützung seiner Eltern verließ Kevin Bacon einst das heimische Philadelphia, um der jüngste Student am Circle in the Square Theatre in New York zu werden. Dort studierte er bis 1978 zu seinem Filmdebüt als Chip Diller in National Lampoon’s Animal House. Durch diesen Auftritt kam er an weitere Rollen, unter anderem in American Diner. Sein Mitwirken als Hauptdarsteller in dem Tanzfilm Footloose machte Bacon schließlich weltberühmt.
Seitdem war er in einer ganzen Reihe von Kino-Blockbustern wie JFK mit Kevin Costner, Eine Frage der Ehre mit Tom Cruise und Demi Moore sowie Apollo 13 mit Tom Hanks zu sehen. Für seine Rolle in Curtis Hansons Am wilden Fluss wurde er als Bester Nebendarsteller für einen Golden Globe nominiert.
Auch in den folgenden Jahren war der Hollywoodstar permanent an der Seite von weiteren namhaften Darstellern zu sehen – so in Sleepers neben Brad Pitt und Robert de Niro, in Der gebuchte Mann neben Jennifer Aniston, im Oscar®-nominierten Mystic River neben Sean Penn sowie in X-Men: Erste Entscheidung neben James McAvoy, Michael Fassbender und January Jones. Derzeit ist er neben Jeff Bridges in dem gefloppten Kinospektakel R.I.P.D. zu sehen.
Wenn er nicht gerade vor der Kamera steht, rockt er gemeinsam mit seinem Bruder Michael als The Bacon Brothers weltweit auf den Bühnen oder twittert Fotos von seiner frisch pensionierten Ehefrau Kyra Sedgwick (The Closer), die er bei den gemeinsamen Dreharbeiten zu Ari & Sam (Pyrates; 1991) kennengelernt hatte. Jetzt hat er sich seit seinen Anfängen 1980 in der Soap Springfield Story wieder ins Serienfach gewagt...
Sie wollten schon seit längerem etwas fürs Fernsehen machen?
Seit rund drei Jahren habe ich mich umgesehen und auch selbst Ideen entwickelt.
Warum?
Weil sich meine Einstellung zu den Stoffen komplett geändert hat. Am Anfang meiner Karriere habe ich ja in Soaps mitgespielt und danach wollte ich nie wieder etwas damit zu tun haben. Aber in letzter Zeit saß ich dann ständig vor dem Fernseher und war fasziniert von dem Gedanken, wieder dorthin zurückzukehren.
Die ersten dieser neuen Serien waren Six Feet Under, The Wire und The Sopranos. Plötzlich sprach man im Freundeskreis über Dexter, Breaking Bad, Homeland oder The Killing. Sie sind ein spannender Teil des kulturellen Lebens geworden. Trotzdem fiel es mir zunächst nicht leicht, den Schritt zu machen und nach geeigneten Drehbüchern Ausschau zu halten. Denn ich hatte mir früher ja geschworen, nie wieder für das Fernsehen zu arbeiten.
Hinzu kommt der Aspekt, dass heute bekanntermaßen immer weniger Kinofilme gedreht werden. Die Studios produzieren gerade mal vier oder fünf Filme mit Riesenbudgets von 200 Millionen Dollar pro Jahr. Da gibt es nicht viele Rollen zu verteilen. Auch das war ein Grund, warum ich die Rolle angenommen habe.
Von Ihrem Entschluss, den Schritt zurück ins Fernsehen zu wagen, bis zur ersten Rolle sind ja einige Jahre vergangen. Was hat Sie an den ersten Projekten gestört und warum haben Sie bei dieser Serie schließlich zugesagt?
Es gab zwei Serien, an deren Entwicklung ich mitgewirkt habe. Dazu hat man mir noch ein weiteres Drehbuch vorgelegt. Aber das war alles noch nicht ausgereift. Bei anderen, die mir gefielen, wechselten dann plötzlich die Rechteinhaber, so dass auch daraus nichts wurde.
Ich habe unzählige gute Drehbücher für Serien und Pilotfilme gelesen, zu denen es aber keine konkreten Rollenangebote gab. Manchmal waren supercoole 43-Minüter dabei, bei denen ich mir dann aber wiederum nicht vorstellen konnte, wie daraus eine ganze Serie werden oder wie die Rolle über einen längeren Zeitraum zu meinem Leben gehören sollte.
Bei so einem längerfristigen Engagement muss man sich schon genau überlegen, worauf man sich einlässt. Nur eines war mir klar: Ich wollte nicht den Schurken spielen, denn Schurkenrollen gibt es für mich im Kinofilm genug. Das wäre zu...
...einfach.
Ja, genau. Damit will ich nicht sagen, dass die Arbeit an sich unbedingt einfach ist. Es kommt immer auf die Rolle an. Ich hatte bislang nur viel mehr Angebote für Schurkenrollen. Ich suchte nach einem Helden, der gebrochen, verletzlich, komplex und vielschichtig ist. Dann fand ich diesen vermurksten Typen, der aber immerhin auf der guten Seite steht.
Der Produzent Kevin Williamson sagte eben, dass ein Unterschied zwischen Kinofilm und TV-Serie für Sie darin bestünde, dass man beim Fernsehen weniger Vorbereitungszeit hat.
Das stimmt.
Revidieren Sie eine Menge?
Ich revidiere wie besessen. Es ist mir wichtig, eine saubere Seite zu haben. Ich bin kein Grammatikgott, beim besten Willen nicht! Aber ich versuche, die Übersicht zu behalten. Wenn ich einen Text lese, dessen Rechtschreibfehler mich anstarren, dann zieht mich das gleich völlig aus der Geschichte. Es mag zynisch klingen, aber ich nehme niemals an, dass ich dann die volle Aufmerksamkeit der Leser habe, oder dass sie sich freiwillig durch das kompakte, unleserliche Material kämpfen. Also versuche ich, meine Schrift so benutzerfreundlich wie möglich zu gestalten.
Haben Sie sich inzwischen darauf eingestellt oder ist das etwas, was Ihnen Unbehagen bereitet?
Ganz habe ich mich noch nicht daran gewöhnt. Mit dem Pilotfilm habe ich mich Monate auseinandergesetzt. Ich habe mir viele Gedanken gemacht, dies und jenes ausgearbeitet und Entscheidungen getroffen. Nachdem der Pilotfilm und die erste Folge abgedreht waren, ging es dann richtig rund. Von da an bekamen wir die Drehbücher immer kurzfristiger, so etwa zwei Tage vor Drehbeginn für die nächste Folge. Manchmal kommen die Seiten erst, wenn man schon mitten in der Arbeit steckt. Tja, daran musste ich mich erst gewöhnen und das hat mich ehrlich gesagt ganz schön vom Stuhl gehauen.
Da Sie jetzt wissen, wie die Serie ist und welche Erwartungen an The Following gestellt werden, welche Bedeutung wird sie Ihrer Meinung nach für Ihre Karriere haben?
Ich habe keine Ahnung, wie die Serie ist.
Aber Sie kennen die Story...
Ja, ich kenne die Story, aber ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Wenn man mitten drin steckt, ist es schwierig, das gesamte Projekt zu überblicken und zu bewerten. Das kommt erst Jahre später. Dann hält man irgendwann inne und blickt zurück. Mir geht es jedenfalls so. Ich versuche immer, im Hier und Jetzt zu leben.
Mir fällt es schwer, soweit nach vorne zu schauen, weil es mich überfordert. Man weiß nie, wo einen der Weg hinführt. Der Begriff Karriereplanung ist doch schon ein Widerspruch an sich. Ich gehöre nicht zu denen, die dies und jenes planen und bewusste Entscheidungen für die Karriere treffen. Alles passiert einfach so unmittelbar, dass ich gar nicht richtig darüber nachdenke. Quelle: RTL ■ mz