Donnerstag, 28. März 2024
Der Wein und der Wind
Ce qui nous lie
Die drei Geschwister und ihre Probleme - Juliette, Jean und Jérémie
© StudioCanal

Weinliebhaber aufgepasst! Cédric Klapisch, der uns mit seiner Herbergs-Trilogie von Barcelona über St. Petersburg bis nach New York führte, hat sich für sein neuestes Werk im heimischen Burgund ein Jahr lang an ein Weingut geheftet und erzählt uns nun anhand einer Heimkehrergeschichte wie man Wein macht und trinkt. Dabei lässt er César-Preisträger Pio Marmaï als Jean nach dessen Flucht vom Familienbetrieb nach 10 Jahren aus dem Exil zurückkehren und mit dessen Geschwistern Juliette und Jérémie wieder in Verbindung treten.

Während der Vater im Steben liegt, bewirtschaftet Juliette das Weingut mehr oder weniger allein. Jérémie hilft zwar mit, doch hat dieser mit seiner eigenen Familie voll zu tun. In Rückblenden wird immer wieder aus der Vergangenheit der Protagonisten erzählt, damit wir besser verstehen, warum jeder so reagiert, wie er reagiert oder reagieren könnte. Als der Vater dann stirbt, stehen die drei Geschwister vor einer schweren Wahl - das Familienweingut zusammen weiterführen oder doch getrennte Wege gehen?

So wie sich das Erntejahr nach den Jahreszeiten richtet, erkennen die Drei, dass so manch offene Wunden auch über die Jahre hinweg nicht heilen. Und dann ist da noch die Sache mit der Erbschaftssteuer, die bezahlt werden muss. Da kommt die Idee eines Verkaufs sehr gelegen. Jean stimmt zunächst für einen Verkauf, weil er inzwischen selbst ein Weingut in Australien samt Familie führt. Doch eins kommt nach dem anderen und oft auch unverhofft - auch der Regen und der Sonnenschein...

»Vin est travaille.«

Hauptdarsteller Pio Marmaï mag zwar ein wenig wie New Girls Jake Johnson aussehen, doch Klamauk sucht man in diesem Film vergeblich, es sei denn man zählt das gegenseitige bewerfen mit Weintrauben dazu. Cédric Klapisch präsentiert uns ein sympathisches Drama mit nostalgischen und auch humorvollen Untertönen und betont seine französische Heimat anhand seiner drei Hauptfiguren, indem er sie in Shirts durchs Weinfeld spazieren lässt, die zusammen die Tricolore ergeben.

Wenn man den Film sieht, bekommt man allmählich ein Gespür dafür, was es bedeutet, ein Weingut zu unterhalten, wie das Wetter mitspielt, wann geerntet wird, wie die Trauben gepflückt und gestampft werden, wie Zucker, Säure und pH-Wert den Erfolg eines Weins ausmachen und was das alles kostet - finanziell und emotionell. Der Vater hatte seinen Kindern beigebracht, wie man einen Wein definiert, die Note erschmeckt, und es ist liebevoll, mit anzusehen, wie die drei Geschwister nach seinem Tod zusammen den Wein verkosten und jeder etwas anderes erschmeckt.

»L'amour est comme le vin.«

Auch ist es wohl etwas Ländliches, wenn sie ihren Vater in einem kleinen Areal mitten im Weinbaugebiet begraben, umringt von Reben. Kameramann Alexis Kavyrchine fängt die Szenen genau richtig ein und lässt die vier Jahreszeiten anhand eines Motivs durchlaufen, um die Botschaft des Regisseurs zu untermahlen: »Im Film zeige ich, wie im Verlauf eines Jahres Wein entsteht. Parallel dazu erzähle ich mehr als zehn Jahre aus dem Leben einer Winzerfamilie. Dabei versuche ich, die Beziehung zwischen dem Wein und den Menschen zu finden, unter Berücksichtigung des Zyklus der Natur und der Entwicklung dieser drei Elemente. Zuerst ist man ein Kind, dann ein Erwachsener, dann ein Elternteil... Stationen, die wir alle durchlaufen. Treffen diese auch auf die Jahreszeiten der Natur zu?«

Der Wein und der Wind ist zwar ein recht gut definierter deutscher Filmtitel, doch dem Regisseur ging es bei der Geschichte auch darum, „was uns verbindet“, wie der Film im französischen Original übersetzt bedeutet. Das ist auch der Grund, warum der Film manchmal ein wenig zu dramatisch zäh wirkt. Der Burgunder ist farblich gut getroffen, ein wenig rau, aber lieblich und ausdrucksstark im Abgang. Nach der Dramödie Saint Amour mit Gérard Depardieu, Benoît Poelvoorde und Vincent Lacoste auf Weinsauftour durchs Land und ihr Leben, der vorigen Oktober startete, ist Der Wein und der Wind genau der richtige Film für Weinliebhaber und -kenner, aber auch für Freunde der Filme von Cédric Klapisch. Dann mal Prost! ■ mz

18. August 2017

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