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07 | 14 | 21 | 28
The Big Short
Als alle den Untergang nicht kommen zu sehen scheinen bzw. es verdrängen, setzt eine Gruppe von Unerschrockenen 2008 gegen den allgemeinen Trend und auf das Platzen der Immobilienblase. Als dieses dann eintritt und die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrundes katapultiert wird, können sie sich über Millionengewinne freuen.
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Autor und Regisseur Adam McKay kennt man am besten als Komödienspezialist, als den Kopf hinter Will-Ferrell-Blockbustern wie Stiefbrüder und Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy sowie der Tony-Award-nominierten Broadway-Show „You're Welcome, America“. Als er jedoch vor fünf Jahren das Buch „The Big Short: Inside the Doomsday Machine“ las, erwachte in ihm die Idee für eine Farce ganz anderer Art. Fasziniert von der Mischung aus Komödie, Drama und lupenreiner Tragödie, wie sie sich in Michael Lewis' brillantem Blick hinter die Kulissen der Wirtschaftskrise von 2008 offenbarte, erwuchs in McKay der Wunsch, anstelle einer weiteren seiner typischen absurden Komödien als Nächstes „The Big Short“ zu verfilmen.

»Ich habe mit dem Buch um zehn Uhr abends begonnen und sagte mir, ich versuche jetzt mal, die ersten 40 Seiten zu lesen«, erinnert sich McKay. »Ich konnte es einfach nicht weglegen. Ich habe die gesamte Nacht durchgelesen und war um sechs Uhr morgens fertig. Am nächsten Tag erzählte ich meiner Frau von den Figuren und wie es dem Buch gelingt, all diese verschiedenen Geschichten miteinander zu verweben und wie es eine „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Geschichte erzählt, in der es eigentlich um den Untergang des Bankensystems, Korruption und Selbstgefälligkeit geht, und wie witzig und traurig es ist und einen zum Lachen bringt und einem das Herz bricht. Darauf sah sie mich nur an: „Mach den Film.“ Und ich antwortete: „Aber ich bin der Typ, der Stiefbrüder gemacht hat.“ Ich hatte mich nicht einmal darum gekümmert, weil ich sicher war, dass ein Scott Rudin oder Plan B sich die Verfilmungsrechte längst gesichert hatten.«

In der Tat hatte sich Brad Pitts Produktionsfirma Plan B Entertainment bereits mit Paramount Pictures zusammengetan, um The Big Short als Kinofilm zu entwickeln. Produzent Jeremy Kleiner entdeckte verblüffende Ähnlichkeiten in der Art und Weise, wie sich Autor Michael Lewis in seinem Buch „Money Ball: The Art of winning an unfair Game“ dem Baseballsport genähert hatte, und wie er sich hier mit der Wall Street befasste.

»„Money Ball“ und „The Big Short“ betrachten vertraute Themen, von denen die meisten Menschen glauben, dass sie sie verstehen, und stellt große Fragen«, sagt Kleiner. »An „The Big Short“ fällt einem außerdem sofort auf, dass die Protagonisten keine Wohltäter sind, keine Helden. Wir fanden all die Elemente ungeheuer aufregend, also erklärte sich unser Partner Paramount bereit, die Rechte zu sichern. Das war der Startschuss für unsere Reise.«

Das Buch, das McKay und Plan B so sehr begeisterte, dass sie einen Film über die Ereignisse, die zur Bankenkrise führten, machen wollten, stammt vom Meister des Tatsachenromans, Michael Lewis. Nachdem er selbst in den Achtzigerjahren in einer großen Wall-Street-Bank gearbeitet hatte, schrieb er den Bestseller „Liar’s Poker“, einen witzigen und aufschlussreichen Blick auf die ebenso lukrative wie trügerische Welt des Aktienhandels. Der Autor hatte keine Pläne für eine Fortsetzung, bis 2008 die Finanzwelt kollabierte.

»Ich begann darüber zu lesen, wie große Banken wie die, bei der ich gearbeitet hatte, hunderte Milliarden Dollar verloren, weil sie sich im Aktienmarkt für Subprime-Hypotheken verzockt hatten«, erinnert sich Lewis. »Die Banken warfen auf einmal das schlechte Geld auf dem Tisch und verloren unfassbar hohe Summen. Ich stellte mir eine ganz einfache Frage: Wie konnte das passieren?«

»Die Jungs, die gegen die Banken gewettet haben und ein Vermögen machten – das waren die Figuren, die ich spannend fand.« - Michael Lewis

Einer dieser wunderbaren Außenseiter war Dr. Michael Burry, ein ehemaliger Neurologe mit Sitz in San Jose, der zum Geldmanager geworden war. Er hat ein Glasauge und eine Vorliebe dafür, barfuß zur Arbeit zu erscheinen. Der Oscar®-prämierte Schauspieler Christian Bale hatte sofort einen Draht zu Burry, als sie sich für ein neunstündiges Marathongespräch zusammensetzten, um sich vor Beginn der Produktion kennenzulernen.

»Mike hat nicht so wahnsinnig viel mit anderen Menschen am Hut, aber er ist einer der brillantesten, herzlichsten und aufrichtigsten Männer, die ich jemals getroffen habe«, meint Bale. »Mike hat Abertausende individuelle Hypotheken studiert, um ein Muster zu erkennen. Niemand außer ihm hatte die Energie gehabt, das zu tun. Alle wollten nur eine gute Zeit haben und viel Geld verdienen. Niemand wollte der Spielverderber sein, der ruft: „Haltet den Bus an, ich will aussteigen!“ Michael hat es getan. Er hat entdeckt, dass der Immobilienmarkt ein Witz war.«

Ähnlich wie der visionäre Einzelgänger mischte sich auch Bale nicht unter die anderen Stars von The Big Short. Fast alle seine Szenen spielen sich vor einem Computer ab oder in einem Hobbykeller voller Gerümpel, in dem er an einem Schlagzeug Dampf ablässt. »Ich war zwei Wochen lang ganz allein in einem Büro und habe meine Rolle gespielt. Als ich dann den Rest des Films sah, war das ein großes Aha-Erlebnis für mich«, erzählt Christian Bale. »Ich hatte keine Ahnung, was los war. Aber jetzt kann ich sehen, was Adam gemacht hat. Und es ist verdammt unterhaltsam.«

McKay erlebte mit Verwunderung mit, wie Bale sich in seine Rolle versenkte. Ein Beispiel für Bales laserartigen Fokus war seine Willensleistung, eine Heavy-Metal-Schlagzeugsequenz durchzuziehen, obwohl er sich gerade erst beim Trampolinspringen mit seinen Kindern eine fiese Knieverletzung zugezogen hatte.

»Christian sagte allen immer nur: „Mir geht's gut, mir geht's gut.“ Und dann sahen wir uns sein Knie an und es war total angeschwollen«, erinnert sich Adam McKay. »Er hatte sich alles gerissen, sein vorderes Kreuzband, sein Innenband, seine Patellasehne, seinen Meniskus und noch mehr, von dem ich noch nie zuvor in meinem Leben gehört hatte. Also sagte ich zu ihm: „Mach mal halblang, du spielst jetzt nicht das Schlagzeug, wir holen ein Double.“«

Aber Bale, der sich das Instrument bei der Vorbereitung in zwei Wochen beigebracht hatte, winkte ab. Das kam für ihn nicht infrage, er wollte selbst spielen. »Er zieht die ganze Szene durch, spielt sie absolut perfekt, danach humpelt er vom Drehort weg. Was den Umgang mit Schmerz anbetrifft, war das eine der verrücktesten Sachen, die ich jemals gesehen habe.«

»Die Banken sind gierig und wir können von ihrer Dummheit profitieren!« - Mark Baum

Im moralischen Zentrum der Geschichte steht ein von unkontrollierbarem Zorn erfüllter Hedgefonds-Manager, der im Film den Namen Mark Baum trägt und von dem Oscar®-nominierten Schauspieler Steve Carell gespielt wird. Baum, der die Morgan-Stanley-Tochter FrontPoint leitet, faszinierte Carell aus vielerlei Gründen. »Mark hat einen starken moralischen Kompass, gleichzeitig ist er aber voll und ganz involviert in diese Welt der Wall Street. Ich denke, aus diesem Grund ist er innerlich zerrissen«, meint der Schauspieler.

»Mark glaubt von sich, er sei der Ritter in der glänzenden Rüstung, obwohl sich in seiner Rüstung Risse befinden. Den Immobilienmarkt leer kaufen zu wollen, ist zunächst ja so, als würde man den Banken den Mittelfinger zeigen wollen – er will beweisen, dass diese Leute falschliegen. Aber was bedeutet dieser Sieg letzten Endes, wenn man den menschlichen Kollateralschaden betrachtet? Wem wurde wirklich geschadet? Mark ist hin- und hergerissen, weil er viel Geld mit den Banken verdient, die einfache Menschen aus der Mittelklasse übers Ohr gehauen haben. Das kriegt er für sich nur schwer auf die Reihe.«

Unterstützung bei seinem Kreuzzug erhält Mark Baum von seinen unverzichtbaren Analysten Danny Moses, Porter Collins und Vinnie Daniel. Diese junge Garde hilft Baums Sache, indem sie Zahlen wälzt, unbequeme Fragen stellt und Feldforschung betreibt. »Diese Jungs haben das Herz eines Löwen«, sagt Carell. »Es sieht vielleicht immer so aus, als hätten sie viel Spaß, aber in Wahrheit sind sie sich für keine Arbeit zu schade.«

Baum und seine Protegés wollen die Täuschungsmanöver der Wall Street entlarven und erweisen sich dabei als merkwürdige Bande brutalst ehrlicher Kreuzritter. »Wenn man Michael Burry als einsames Orakel betrachtet, das den Crash vor jedem anderen kommen sah, dann sind die Analysten von FrontPoint die Typen von der Straße«, meint Adam McKay. »Sie reißen Witze, sie fluchen, sie sind witzig, sie sind gute Jungs. Und im Mittelpunkt von FrontPoint steht Mark Baum, der feurige Typ, der dem System nicht vertraut.«

Steve Carell fühlte sofort eine Verwandtschaft mit seiner Figur und Baums Erkenntnis, dass die Korruption, der er auf die Spur gekommen ist, noch viel weiter reicht als bloß bis zur Wall Street. »Am Ende des Films bricht es Mark das Herz, als ihm endlich die Ausmaße des Betrugs klar werden. Er erlebt die niederste Form menschlicher Interaktion und die traurigsten, oberflächlichsten und selbstsüchtigsten Motive, einen vollkommenen Mangel an menschlicher Moral. Man hofft, dass Menschen zu Besserem fähig sind.«

»Du wettest gegen dummes Geld, und ich werde dir zeigen, wie dumm dieses Geld tatsächlich ist.« - Jared Vennett

Der gelackte Jared Vennett, ein Makler der Deutschen Bank, gespielt von dem Oscar®-nominierten Schauspieler Ryan Gosling, leistete einen entscheidenden Beitrag dazu, dass Mark beim Leerverkauf der Pfandbriefe einstieg. »Michael Burrys Vermutungen bestätigen Jareds Verdacht, dass der Immobilienmarkt zu schön ist, um wahr zu sein«, sagt der Schauspieler. »Es muss keine große Überzeugungsarbeit geleistet werden, um Jared davon zu überzeugen, dass Dr. Burrys Berechnungen das Werk eines Genies sind.«

Von seinen Kollegen als „Chicken Little“ und „Bubble Boy“ verspottet, wartet Vennett nur auf die Gelegenheit, es ihnen heimzuzahlen, und überzeugt Baum und seine Gefolgschaft davon, dass die besicherten Schuldverschreibungen, die in mehreren Tranchen (oder Schichten) auf zweitklassigen Immobilienkrediten aufgebaut sind und an kreditunwürdige Menschen mit niedriger Bonität verkauft werden, unweigerlich zum Scheitern verurteilt sind. »Jared erklärt Baum und seiner Gang mithilfe aufeinandergestapelter Bausteine eines Jenga-Spiels, dass die CDOs auf einem sehr wackeligen Fundament aufgebaut sind, das irgendwann unweigerlich einstürzen wird. Als Jared ein paar Bauteile herauszieht, bricht der Turm zusammen.«

Anders als die anderen Hauptfiguren des Films kommt Jared Vennett als wortgewandter, schlagfertiger Wall-Street-Insider rüber. Er wurde ausgestattet mit einem Toupet, das Haarstylistin Adruitha Lee und Perückenmacher Alex Perrone hergestellt hatten, und wurde in eng anliegenden Anzügen von Kostümdesignerin Susan Matheson tadellos eingekleidet. Weil er zudem auch der Erzähler der Geschichte ist, wendet sich Jared bisweilen direkt ans Publikum. Gosling gefiel die Herausforderung, den oberflächlichen Charme seiner Figur einzusetzen, um Klarheit in eine weithin missverstandene Geschichte zu bringen.

»Was mich dazu inspirierte, bei diesem Film mitzumachen, ist die Art und Weise, wie er sein Publikum als erwachsene, kluge Menschen behandelt«, meint er. »Die Terminologie der Wall Street ist gezielt so diffus gestaltet, um sich an den Konsumenten schadlos halten zu können. Jared erzählt die Geschichte auf eine Weise, dass man versteht, was wirklich passiert ist.«

»Spinnen wir oder ist das tatsächlich wahr?« - Jamie Shipley

Der dritte große Handlungsstrang von The Big Short befasst sich mit zwei jugendlichen Geldmanagern, die im Film Jamie Shipley und Charlie Geller genannt und von Finn Wittrock und John Magaro gespielt werden. »Charlie ist ein neurotischer Bücherwurm, während Jamie eher ein durchtrainierter Sportler, aber ebenfalls unglaublich intelligent ist«, erklärt Wittrock, den man vor allem durch seinen viel beachteten Auftritt in der Serie American Horror Story kennt. »Als Jamie und Charlie die Immobilienblase bewusst wird und sie gemeinsam die Zahlen durchgehen, sind beide wie vom Donner gerührt.«

Um sich auf seine Rolle als Charlie Geller vorzubereiten, verbrachte Magaro viel Zeit mit dem Studium von Börsenspekulanten an der Wall Street. »Mein Bruder arbeitet im Finanzwesen, also besuchte ich seine Hedgefonds-Gesellschaft und ließ mir einen Intensivkurs verpassen«, erinnert sich John Magaro. »Ich sehe Charlie und Jamie als junge Burschen, die so etwas wie ein Jedermann in dieser Geschichte sind. Sie wissen nicht wirklich, worauf sie sich da einlassen, also müssen sie sich Schritt für Schritt an die Sache herantasten. Ich vermute, dass es vielen Zuschauern genauso gehen wird: Man lernt viel dazu, während man sich den Film ansieht.«

Die Beiden haben mit ihren eigenen 110.000 Dollar in einer Garage in Colorado angefangen und damit den Brownfield Fund aufgebaut, der 30 Millionen Dollar schwer ist. Mithilfe des ehemaligen Bankers Ben Rickert wollen sie sich einen ISDA-Rahmenvertrag sichern, mit dessen Hilfe sie an Börsenhändlern vorbei direkt Kontakt mit den großen Banken aufnehmen können. »Ben ist ein zutiefst neurotischer Mann, der sich ausschließlich biodynamisch ernährt, an allen Ecken und Enden Verschwörungen vermutet und das sichere Ende der Welt heraufziehen sieht«, erklärt Finn Wittrock. »Aber er hat immer noch gute Verbindungen in die Bankenwelt, die für Charlie und Jamie wichtig sind, um sich am Leerverkauf des Immobilienmarkts beteiligen zu können.«

Vor dem Dreh befasste sich Brad Pitt intensiv mit dem Wertesystem von Ben Rickert, der dem Establishment mit großer Skepsis gegenübersteht. »Der echte Ben Rickert ist überzeugt, dass der Klimawandel und die verdorbenen Volkswirtschaften die natürlichen Rohstoffe zerstören«, merkt Adam McKay an. »Für ihn steht fest, dass die Erde in den nächsten 50 bis 100 Jahren untergehen wird.

Brad verinnerlichte diese Überzeugung. Er hat ein paar wunderbare improvisierte Szenen, in denen er sagt: „Verwendet keine Monsanto-Samen, ihr müsst pure Samen nehmen.“ Oder man sieht ihn am Flughafen und er trägt eine Operationsmaske. Brad wollte mit dieser Mentalität spielen, weil Ben nicht einfach nur ein Verschwörungsspinner ist. Er ist ein brillanter Typ. Alles, was er macht, beruht auf Daten, auch wenn man sagen könnte, dass es ziemlich verrückt ist, wie er diese Zahlen miteinander in Verbindung bringt. Das war es, woraus Brad den meisten Spaß bei der Darstellung seiner Figur zog.«

»Ich bin sicher, die Banken der Welt werden nicht allein durch Gier angetrieben.« - Georgia Hale

Weil The Big Short in einer Industrie angesiedelt ist, die mit ihrer stumpfsinnigen Terminologie Rätsel aufgibt, brauchte Adam McKay eine gute Idee, wie man dem Publikum manche der Kernkonzepte auf unterhaltsame Weise klarmachen könnte. »Die Leute müssen diese Dinge wissen, um der Geschichte folgen zu können. Wenn man zum ersten Mal Ausdrücke hört wie „besicherte Schuldverschreibung“ oder „Kreditausfallversicherung“, dann fühlt man sich dumm und langweilt sich schnell«, sagt McKay. »Banker unternehmen alles, was in ihrer Macht steht, um diese Transaktionen wahnsinnig kompliziert erscheinen zu lassen, also hatten wir den Einfall, bekannte Persönlichkeiten im Verlauf der Handlung auf der Leinwand auftauchen zu lassen, die dem Publikum gewisse Sachverhalte direkt in die Kamera erklären.«

Zu den pfiffig arrangierten Gaststars gehören Margot Robbie aus ►The Wolf of Wall Street, die hypothekarische Sicherheiten entzaubert, während sie in einem Schaumbad ein Gläschen Schampus trinkt, und Starkoch Anthony Bourdain, der Parallelen zwischen übrig gebliebenem Fisch und faulen Vermögenswerten zieht.

McKay sagt, dass er Bourdain rekrutierte, nachdem er dessen Memoiren „Kitchen Confidential“ gelesen hatte. »Er erzählt seinen Lesern darin, dass sie besser nicht den Fischeintopf bestellen sollten, weil Köche darin noch einmal den ganzen Müll neu aufkochen, den sie davor nicht verkaufen konnten«, sagt der Regisseur. »Ich dachte mir: Oh mein Gott, das ist ja die perfekte Metapher für eine besicherte Schuldverschreibung, bei denen Banken einen Haufen mieser Hypotheken zusammenpacken und als erstklassig bewertetes Finanzprodukt verkaufen.«

Um den ruinösen Domino-Effekt zu veranschaulichen, der vom Zusammenbruch sogenannter „künstlicher besicherter Schuldverschreibungen“ ausgelöst wird, ließ McKay den Teeniestar Selena Gomez gemeinsam mit dem Verhaltensökonomen Dr. Richard Thaler in einer Szene auftreten, die in einem Casino am Spieltisch spielt. Während Thaler die Idee der „Hochrechnungsverzerrung“ erörtert, sitzt Gomez an einem Blackjack-Tisch vor einem riesigen Stapel Chips.

»Es entsteht eine interessante Dynamik: Während Selena Blackjack spielt, schließen Zuschauer Wetten an der Seite ab, wie gut ihre Karten sind«, sagt McKay. »Das entspricht Investoren, die ähnliche Wetten an der Seite auf hypothekarisch besicherte Wertpapiere mithilfe von CDOs gemacht haben, bis die gesamte Weltwirtschaft an einem Punkt war, an dem sie unweigerlich zusammenbrechen musste.«

Gomez gesteht, dass sie überrascht war, als McKay sie anrief und fragte, ob sie bei The Big Short dabei sein wolle. »Ich habe das Drehbuch gelesen und habe die Hälfte gar nicht richtig verstanden. Das hat mir eine höllische Angst eingejagt, weil ich es für wichtig halte, über unser Wirtschaftssystem Bescheid zu wissen«, meint der junge Pop-Superstar.

»Aber nachdem ich mit Adam gesprochen hatte, erschien es mir zweckhaft, bei dem Film mit dabei zu sein. Ich habe eine Gelegenheit, meine Plattform zu benutzen und mit Menschen zu kommunizieren, denen ich wichtig bin. Meine Generation ist die nächste Generation, die an der Reihe ist. Es ist wichtig, dass wir verstehen, was vorgefallen ist.«

»Betrug hat noch niemals funktioniert. Irgendwann läuft so etwas immer aus dem Ruder. Wann haben wir das bloß vergessen?« - Mark Baum

Steve Carell hofft, dass der Film ein paar Menschen aufrütteln wird: »Wenn mich jemand auf einer Cocktailparty fragen würde, worum es in dem Film geht, würde ich antworten: „Erinnern Sie sich, als die Subprime-Hypotheken über die Wupper gingen und all die Firmen ihre Türen schließen mussten und niemand dafür ins Gefängnis wandern musste? Erinnern Sie sich daran? Erinnern Sie sich, wie alles einfach explodierte, und dann die Regierung kam und alle rausboxte und alles wieder okay erschien? Darum geht es in diesem Film. Es ist ein Horrorfilm, der viel schrecklicher ist, als ich es gerade beschrieben habe.“«

Ungeachtet aller aktivistischen Visionen hofft Adam McKay, dass The Big Short das Publikum auf einen belebenden und belehrenden Ritt durch die verblüffende Welt der zweifelhaften Geschäftspraktiken der Wall Street mitnimmt. »Es ist merkwürdig, in Anbetracht des heftigen Themas, aber wenn wir unsere Sache richtig gemacht haben, dann sollte The Big Short einerseits unterhaltsam sein und andererseits den Zuschauern die Augen öffnen. Michael Lewis schreibt unterhaltsame Bücher über wichtige Themen und sie sind richtige Schmöker. Genauso würde ich mir wünschen, dass die Zeit mit The Big Short wie im Flug vergeht.«

Und das tut sie auch! Man weiß zwar trotz der prominenten Erklärbären auch hinterher nicht genau, was da wirklich passiert ist, es sei denn, man hat sich den Film mehrmals angesehen oder das Buch von Michael Lewis gelesen. Man wird mit Vokabeln aus der Finanzwelt zugeschüttet, die aber auch zum Teil praktisch erklärt werden, doch wenn man quasi gar keinen Schimmer hat, wovon geredet wird, kann man schon leicht in die Bedrouille kommen. Aber dann wird alles wieder und wieder durchgekaut, bis auch der Letzte im Publikum mitbekommen hat, was damals wirklich geschehen ist, warum die Banken pleite gingen und Millionen von Anlegern weltweit alles verloren.

Adam McKay schafft es, dieses doch so trockene Thema mit grandiosen Schauspielern und flüssigen Dialogen in einem unterhaltsamen Film zu veranschaulichen. The Big Short ist sozusagen ein Crashkurs in Sachen Finanzen, bei dem man nach guten zwei Stunden Einhämmerns nicht nur einen groben Überblick über die damaligen Geschehnisse bekommt, sondern auch eventuell etwas an Erfahrung mitnimmt. Und es ist ein Film, der nicht nur erinnert, sondern auch die Verantwortlichen anmahnt, bei all der Gier mal über den Tellerrand zu schauen. ■ mz

Drama/Komödie/Geschichte/Biografie
USA 2015
131 min


mit
Ryan Gosling (Jared Vennett) Tommy Morgenstern
Steve Carell (Mark Baum) Uwe Büschken
Christian Bale (Michael Burry) David Nathan
John Magaro (Charlie Geller)
Brad Pitt (Ben Rickert) Tobias Meister
Rafe Spall (Danny Moses) Tobias Nath
Finn Wittrock (Jamie Shipley) Roman Wolko
Tracy Letts (Lawrence Fields) Bodo Wolf
Hamish Linklater (Porter Collins) Marcel Collé
Billy Magnussen (Maroon) Jeffrey Wipprecht
Max Greenfield (Maroons Kollege)
Marisa Tomei (Cynthia Baum)
Melissa Leo (Georgia Hale)
Jeremy Strong (Vinnie Daniel)
Karen Gillan (Evie)
Byron Mann (Mr. Chau)
Margot Robbie
Selena Gomez
u.a.

drehbuch
Adam McKay
Charles Randolph
nach dem Roman von Michael Lewis

musik
Nicholas Britell

kamera
Barry Ackroyd

regie
Adam McKay

produktion
Plan B Entertainment
Regency Enterprises

verleih
Paramount

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