Freitag, 19. April 2024
2018
Juli
Juni
Mai
April
März
Februar
Januar


2017
Dezember
November
Oktober
September
August
Juli
Juni
Mai
April
März
Februar
Januar

Kinostarts Mai 2015


07 | 14 | 21 | 28
Kiss the Cook - So schmeckt das Leben
Chef
Carl Casper, Chef de Cuisine eines schicken Restaurants in L.A., kündigt seinen guten Job, weil er die ewige Einmischung des Besitzers leid ist. Das bringt ihn näher zu seiner Familie, denn in Miami tut er sich mit seiner Ex-Frau, seinem Sohn und einem guten Freund zusammen und eröffnet einen Imbiss.
| Trailer | Galerie | Kinofinder | Filmseite | Teilen

In diesem Film macht Jon Favreau dem Originaltitel seines Films alle Ehre: Er ist buchstäblich der „Chef“ - als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller. Dadurch bekommt der Film auch eine doppelte Bedeutung - vor und hinter der Kamera, denn Chefkoch Carl Casper hat die Schnauze voll vom alltäglichen Einheitsbrei, denn der Restaurantchef möchte keine Abweichungen vom Menü. Also schnappt sich Carl einen Imbisswagen, seinen besten Freund und geht mit Sohnemann auf Tour, zieht sein eigenes Ding durch - als Produzent, Kompositeur und Verkäufer.

Jon Favreau, der 1992 in Eine ganz normal verrückte Familie und Jimmy Hoffa erstmals vor der Kamera stand und mit Doug Limans Swingers 1996 sein Drehbuch- und Produzentendebüt gab, ist inzwischen eine Ikone in Sachen guter Unterhaltung geworden. Seine erste Regie für ein großes Hollywood-Studio lieferte er 2003 mit Buddy, der Weihnachtself ab. Zuletzt begeisterte er das Publikum mit den ersten beiden Iron Man-Filmen und war als ausführender Produzent bei Iron Man 3 und Marvel's The Avengers beteiligt.

Immer wieder sieht man ihn in kleineren oder größeren Rollen in den verschiedensten Filmen wie Deep Impact, Very bad Things, Daredevil, Was das Herz begehrt, All Inclusive, John Carter: Zwischen zwei Welten, Voll abgezockt oder zuletzt in The Wolf of Wall Street. Oftmals verwechselt man ihn eventuell auch mit dem vor 2 Jahren verstorbenen James Gandolfini. Favreau taucht aber auch hin und wieder im TV auf, so in der Serie Friends, oder leiht seine Stimme animierten Figuren wie Pre Vizsla in Star Wars: The Clone Wars oder in Filmen wie Jagdfieber, G-Force - Agenten mit Biss und war zuletzt als Bär Jerome in Der Zoowärter zu hören.

»Mein Wunsch war ein komplett eigenes Drehbuch, in dem ich den Charakteren ihre eigene Stimme verleihen, die Rollen mit meinen Wunschkandidaten besetzen und ab dann sehen konnte, in welche Richtung sich das Projekt entwickelt«, erklärt das Allroundtalent. »Ich habe seit langem keinen Film in dieser Größenordnung gemacht. Mich interessierte ein Projekt, in dem ich meine Kenntnisse und Erfahrungen aus den Blockbustern mit einer „kleinen“ Geschichte verbinden konnte. Ich brauchte dringend eine andere Herausforderung, um mich wieder erden und fokussieren zu können.«

Die Idee für eine Story aus der kulinarischen Welt lag Favreau nicht fern, besonders die boomende Subkultur der „Food Trucks“, einer uramerikanischen Version der Imbissbude. Selbst ein bekennender Feinschmecker, produzierte und moderierte Favreau 2002 die Serie Dinner for Five für den Independent Film Channel (IFC). Deren Schauplätze, die berühmtesten und angesagtesten Gourmetlokale in Los Angeles, inspirierten auch das anfängliche Hochglanz-Setting von Kiss the Cook, das Carl Casper jedoch aus kreativen Gründen verlässt.

Im Laufe seiner Recherchen beobachtete Favreau, dass Gourmetköche oft die gleiche professionelle Besessenheit an den Tag legten wie die „Alphatiere“ des Showbusiness: »Ich entdeckte erstaunlich viele Ähnlichkeiten zwischen dem Filmgeschäft und dem Profi-Kochen. In beiden Fällen spielt der schöpferische Prozess eine große Rolle, was ich direkt für Kiss the Cook umsetzte. Hier braucht die Hauptfigur dringend neuen kreativen Ausdruck.«

Was wiederum Favreau selbst mit neuer Energie versorgte, war, anders als bei den großen Studioproduktionen, die volle künstlerische Kontrolle über sein Projekt. »In Chef kann sich Carl mit Hilfe seines Food Trucks wieder auf seinen schöpferischen Instinkt verlassen«, erklärt Favreau. »Sein Job im Restaurant ist hochbezahlt, aber seine Leidenschaft verkümmert – eine Leidenschaft, die ich bei vielen Gourmetköchen beobachten konnte.«

Für die inhaltlich professionelle Darstellung der Kochkünste holte er sich den König von Los Angeles' Street-Food-Szene, Roy Choi, mit an Bord, der Koproduzent des Film wurde und im Abspann zu sehen ist, wie er Jon Favreau vorführt, wie gebrutzelt wird. Mit mehreren Feinschmecker-Preisen ausgezeichnet, ist Choi vor allem auf einem Gebiet Pionier: dem Marketing seines Gourmet-Imbisses „Kogi BBQ Taco Track“ über die sozialen Netzwerke.

Zu diesem Zweck, und um sich auf seine Rolle als Inhaber des „El Jefe“-Food Trucks vorzubereiten, arbeitete Favreau inkognito im „Kogi BBQ“. »Zu Beginn war es einfach nur eng, heiß und ich stand ständig im Weg«, berichtet der Filmemacher, »aber am Schluss rief ich laut die Bestellungen aus und war eine echte Hilfe.« In seiner „Kogi“-Uniform inklusive Stirnband gelang es Favreau, bei Hunderten von Kunden unerkannt zu bleiben. »Nur ein Kunde fragte mal: „Woher kenne ich dich?“ Ich antwortete, dass ich normalerweise im „Philly Cheese Steak Truck“ arbeite. „Ach so“, sagte der Kunde.«

Als Berater lieferte Choi zahlreiche Expertentipps, angefangen vom Messersortiment bis zu Tattoo-Motiven. Zum Beispiel hat Carl auf seinen Fingerrücken die Buchstaben EL JEFE zu stehen, was zur Namensgebung von Carls Unterwegsküche beitrug. Um die Härte und das kreative Durcheinander realer Street-Food-Stände einzufangen, ermutigte Favreau seine Kollegen, nach Belieben zu improvisieren. Das hat in seiner Karriere Tradition: Mit seiner Erfahrung als Stand-up-Comedian in Chicago im Hintergrund, motivierte Favreau bereits Vince Vaughn zu spontanen Einlagen in seinem Film Made.

Amy Sedaris, die mit Favreau im „Second City Comedy Club“ in Chicago auftrat und später eine Rolle in Favreaus Buddy, der Weihnachtself übernahm, spielt in Kiss the Cook die umtriebige Presseagentin von Carls Ex-Frau. »Jon ist ein großer Impro-Fan«, berichtet sie. »Er sagt immer: „Lasst uns diese eine Aufnahme machen, ab dann könnt ihr machen, was ihr wollt. Macht eure ganz eigene.“ Es ist toll, mit jemandem zu arbeiten, der dafür offen ist, dir eine Struktur für deine eigenen Möglichkeiten zu schaffen.«

Natürlich ließ es sich Favreau nicht nehmen, zwei seiner Stars aus den Iron Man-Filmen in Nebenrollen zu besetzen - Imrovisationstalent Robert Downey jr. sowie Scarlett Johansson in der Rolle der Molly, der Managerin des Restaurants „Gauloises“, in dem Carl zu Beginn werkelt. Zwischen ihr und Carl knistert es erheblich. »Während meiner Recherche habe ich professionelles Kochen als extrem intensiven Job kennen gelernt«, berichtet Favreau. »Alle arbeiten unendlich lange und kommen anschließend nur schwer herunter. Also gehen sie nach der Arbeit auf einen Drink oder zwei. Und wenn das Küchenpersonal auf das Restaurantteam trifft, können schnell gewisse Dinge passieren.«

Carls Ex-Frau Inez wird von Sofía Vergara verkörpert, bekannt aus der TV-Serie Modern Family und zuletzt an der Seite von Sharon Stone und John Turturro in ►Plötzlich Gigolo zu sehen gewesen. Wie Favreau zugibt, hat er die Rolle bereits mit dem Ex-Model im Hinterkopf geschrieben. Auch Vergara fand die Mitwirkung an Kiss the Cook verführerisch: Bevor sie überhaupt das Drehbuch gelesen hatte, nahm die gebürtige Kolumbianerin das Angebot an.

Zu ihrer Figur Inez spürte sie sofortige Verbindung: »Wie sie bin ich Mutter und weiß, woher ihre Sorgen kommen. Inez gibt Carl den entscheidenden Anstoß, sein emotionales Tief zu überwinden. Die Dynamik zwischen den beiden besteht darin, das Leben ihres Sohnes bestmöglich zu gestalten.« Auch der 11-jährige Emjay Anthony, Darsteller von Percy Casper, war (kein Wunder) begeistert von Vergara: »Als ich Sofía am ersten Tag sah, blieb mir einfach nur der Mund offen stehen. Danach durfte ich sie ein paar Mal hintereinander umarmen. Wir hatten also einen ganz guten Start.«

Anthony freundete sich sofort mit Favreaus Improvisationsgedanken an und wurde zwischen den Takes auch selbst kreativ. »Ich bastelte Sofía in Origami-Technik aus einem Dollarschein einen Ring und machte ihr einen Heiratsantrag«, erzählt er augenzwinkernd. »Ihre Antwort lautete: „Oh, wie schön! Ist das ein 100 Dollar-Schein?“«

Auf der Leinwand gestaltet sich Percys Beziehung zu seinem Vater Carl ein wenig ernster. Durch die Trennung seiner Eltern ist der Kontakt eine ständige Herausforderung. Die Essenz dieser Vater-Sohn-Beziehung erschloss sich Favreau besonders durch ausführliche Diskussionen mit Dustin Hoffman. »Dustins Erfahrung aus Kramer vs. Kramer hatte ich beim Schreiben nicht bedacht«, gibt Favreau zu. »Dann allerdings fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Natürlich sind Scheidung und die Sehnsucht des Kindes nach dem abwesenden Vater auch genau das Thema von Chef. Es geht darum, neue Brücken zu bauen.«

In dieser Hinsicht inszenierte Favreau Kiss the Cook als Fallstudie mit gutem Ausgang. »Ich kenne den Preis, den Menschen zahlen, wenn ihr einziges Augenmerk auf der Karriere liegt und es keine Balance gibt«, so der Filmemacher. »Unzufriedenheit, Scheidung und Entfremdung von den Kindern sind dann vorprogrammiert.

Dabei ist es bereichernd, sich um die Bedürfnisse anderer zu kümmern und sich Dingen zu widmen, die größer als die eigenen Interessen sind. In ihrer Essenz ist Chef die Geschichte eines Menschen, der sich dieses Verständnis neu erwirbt. Dazu kommt die große Kinoqualität der kulinarischen Welt. All dies als Filmemacher und Schauspieler meines Alters neu erleben zu können, war eine richtig romantische Erfahrung.«

Als Fan von New Yorker Food Trucks wie „Gorilla Cheese“, „Dingus Truck“ und „Mud Coffee“ sprach John Leguizamo, der im Film Grillmeister Martin spielt, die „Koch als Künstler“-Haltung des Films extrem an. »Jon und ich haben viel über die Kunst des Kochens und Genießens gesprochen, und wie sehr Kochen und Schauspielen einander entsprechen«, erzählt er.

»Viele Schauspieler kreisen um sich selbst und ihre Berühmtheit. Auf der anderen Seite gibt es die echten Künstler. Sie tun es nicht für den Ruhm, sondern nutzen ihre individuelle Stimme und versuchen, der Welt etwas zu geben. Carls Selbstfindung als Künstler, Koch, Mann und Vater, der seinem Sohn einen wichtigen Teil von dessen Latino-Kultur vermitteln will, ist eine wunderbare erzählerische Reise.«

So wird nach etwa einem Drittel des Films, nachdem alle Hauptfiguren vorgestellt wurden, aus einem Drama ein Roadmovie. Und zu einem Roadmovie gehört schließlich auch ein ordentlicher Soundtrack. Mit vielen Latino-Rhythmen und Funk angereichert, lädt der Film neben dem Drang, ins nächste Restaurant zu gehen, ebenfalls zum Tanzen ein. Von Al Green bis hin zu Tito Puente gibt es jede Menge hüftenschwingende Musik zu hören, sowie eine Latino-Instrumentalversion von Marvin Gayes „Sexual Healing“, live gesungen von Jon Favreau und John Leguizamo!

»Während des Drehs zu Iron Man 3 verbrachten wir einen wunderbaren Abend im Stadtteil Little Havana von Miami«, erinnert sich Jon Favreau. »Ihn hatte ich im Hinterkopf, als ich das Drehbuch schrieb. Alle Ideen für die Schauplätze meiner Geschichte kamen mir sehr spontan, denn die Restaurants in Little Havana, dem Marigny-Viertel in New Orleans, Franklin Barbecue und Guero's Taco Bar in Austin fühlten sich besonders authentisch an. Ich hatte keine Lust auf genehmigte Drehorte, sondern wollte echtes Lebensgefühl vermitteln.«

Und das kommt im Film auch rüber! Zwar drönselt man zu Beginn noch zwischen Patchwork und Restaurantkritik (Oliver Platt in einer Schlüsselrolle) hin und her, gespickt mit einer kleinen Einführung in die sozialen Medien, doch dann geht es von der West- zur Ostküste, speziell Miami, wo wir „Iron Man“ höchstpersönlich in einer skurrilen Rolle treffen, bevor unsere Helden auf dem Weg zum Erfolg dann mit all dem Lokalcolorit quer durch den Süden reisen. Es ist eine klassische amerikanische Erfolgsgeschichte, die jedoch ein wenig soziale Kompetenz zeigt, auch wenn das Happy-End eher Wunschdenken sein dürfte. Trotzdem macht der Film Spaß und ist speziell für Grillabende mit (Freiluft-)Kino zu empfehlen! ■ mz

Komödie/Drama
USA 2014
114 min

mit
Jon Favreau (Carl Casper)
Emjay Anthony (Percy)
John Leguizamo (Martin)
Bobby Cannavale (Tony)
Sofía Vergara (Inez)
Scarlett Johansson (Molly)
Dustin Hoffman (Riva)
Oliver Platt (Ramsey Michel)
Amy Sedaris (Jen)
Robert Downey jr. (Marvin)
u.a.

drehbuch
Jon Favreau

musik
Mathieu Schreyer

kamera
Kramer Morgenthau

regie
Jon Favreau

produktion
Aldamisa Entertainment
Kilburn Media

verleih
StudioCanal/Koch Media

Ohne Cookies macht das Leben Internet keinen Sinn. Daher verarbeiten auch wir zumeist anonyme Daten und schenken Ihrem Browser ein paar Kekse. Welche Sorte wir hinterlegen, können Sie in unseren Datenschutzbestimmungen lesen. Sollten Sie damit einverstanden sein, klicken Sie bitte auf das Krümelmonster...