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Dido Elizabeth Belle


Dido Elizabeth Belle und Elizabeth Murray
© 20th Century Fox

Der Film wurde von der wahren Geschichte der Dido Elizabeth Belle inspiriert, die die uneheliche Tochter eines Admirals der königlichen britischen Marine und einer afrikanischen Sklavin war. Sie wuchs bei ihrem Großonkel, dem Aristokraten Lord Mansfield und dessen Gattin auf, genoss dank ihrer Abstammung Privilegien (etwa eine gute Ausbildung), durfte aber wegen ihrer Hautfarbe und der herrschenden Gepflogenheiten nicht am gesellschaftlichen Leben der Upper Class teilnehmen.

Die junge Frau, die sich fragte, ob sie je einen Ehemann finden würde, verliebte sich in den Sohn eines Vikars. Er war ein idealistischer junger Mann und vehementer Gegner der Sklaverei. Mit Belles Hilfe überzeugte er Lord Mansfield, den obersten Richter des Landes, die Sklaverei im England des 18. Jahrhunderts abzuschaffen.

Der Regisseurin Amma Asante (A Way of Life, Brothers and Sisters) gefiel der Gedanke, einen typischen, romantischen „Sinn und Sinnlichkeit”-Film mit einer neuen Wendung zu versehen: »Ich habe noch nie einen Film über die hinlänglich bekannte Jane-Austen-Welt (Heiratsmarkt, Mädchen, die zu Damen der Gesellschaft reifen, und romantisches Verlangen) gesehen, in dem auch vom Ende der Sklaverei erzählt wird.«

Die Entstehung von Belle ist eher ungewöhnlich, denn zunächst stach der Autorin Misan Sagay, die Zora Neales „Their Eyes were watching God" für eine preisgekrönte Miniserie, die von Oprah Winfrey präsentiert wurde, adaptiert hatte, ein Gemälde ins Auge. Während Sagay den Scone Palast in der Universität von St. Andrews in Schottland besuchte, entdeckte sie das Bild, das die ursprüngliche Idee für den Film lieferte.

Es stammt aus dem Jahr 1779 und ist nicht signiert. Historiker sind sich jedoch ziemlich sicher, dass es von einem Mann namens Zoffany gemalt wurde. Er war damals ein berühmter, in Adels- und Geldkreisen gefragter Porträtmaler. Auf dem außergewöhnlichen Bild sind zwei wunderbar gekleidete Mädchen zu sehen, die eine weiß, die andere schwarz – und sie scheinen sich prächtig zu verstehen. Beide blicken sie den Betrachter an. Das schwarze Mädchen grinst schelmisch, drückt sich einen Finger an die Wange, das andere hat ein Buch auf dem Schoß und hält wie zufällig den Arm ihrer Gefährtin.

»Die schwarze Frau auf dem Bild wurde im Ausstellungskatalog nicht weiter erwähnt und so stellte ich ein paar Recherchen an. Ich fand heraus, dass diese beiden Frauen tatsächlich miteinander verwandt waren«, sagt Sagay. »Als Autorin und als schwarze Frau war ich quasi dazu bestimmt, die Geschichte hinter diesem Gemälde zu entdecken, und die Geschichten anderer schwarzer Frauen, die zu dieser Zeit eigentlich keine Rechte hatten.«

Es war ein unglaublich glücklicher Umstand, als Sagay herausfand, dass der Sohn ihrer Patentante ein Freund der Lady Mansfield ist, die in der achten Generation mit der Familie Mansfield, um die der Film sich dreht, verwandt ist. Von diesem Moment an waren die Archive geöffnet und Sagay hatte alle Möglichkeiten, das Geheimnis um die Beziehung der beiden Freundinnen, die als „Belle und Bette“ bekannt sind, zu lüften.

Als Sagay die Geschichte der Familie Mansfield recherchierte, fand sie heraus, dass Belle wahrscheinlich die einzige gemischtrassige Dame der adligen Gesellschaft im georgischen England war. Belle war eine Frau, die kämpfen musste, um ihren Platz in der Welt zu finden und sie war in vielerlei Hinsicht eine Pionierin. Im Jahr 1779 basierte die Wirtschaft des britischen Empire auf dem Sklavenhandel – und das, obwohl Stimmen immer lauter wurden, dass die Sklaverei moralisch untragbar sei. Dennoch waren damals weniger als ein Drittel aller Schwarzen Londons freie Menschen.

Dido Belle wurde in ein kompliziertes Leben hineingeboren. Sie war die uneheliche Tochter von John Lindsay, einem Kapitän der Royal Navy, und einer Afrikanerin, die vermutlich als Sklavin auf den Westindischen Inseln lebte. Genau weiß man das aber nicht, sicher ist nur, dass sie Maria Belle hieß. Anstatt seine illegitime Tochter einfach zu ignorieren, was damals durchaus üblich war, bat Seefahrer Lindsay seinen kinderlosen Großonkel (niemand Geringeren als Lord Mansfield, das bekannte Rechtsgenie und oberster Richter Englands) und dessen Frau, Dido auf deren Landsitz Kenwood House großzuziehen.

Dort wurde sie die Gefährtin ihrer Halbcousine Lady Elizabeth Murray, dessen Vater sie nach den Tod seiner Frau ebenfalls in die Obhut von Lord und Lady Mansfield gegeben hatte. Die beiden gesellschaftlichen Außenseiter wuchsen zusammen in Kenwood auf und wurden just zu dem Zeitpunkt in die Londoner Gesellschaft eingeführt, als die Stimmen, die die Sklaverei in Großbritannien abschaffen wollten, immer lauter wurden.

Dennoch fanden sich nur wenige Fakten über Didos Jugend, über ihr Alltagsleben bis hin zu ihrer Hochzeit mit einem Mann namens John Davinier. »Es ist eine so tolle Geschichte – und auch eine, über die man wenig weiß, weil es dazu kaum Fakten gibt«, sagt Sagay.

»Mir war es wichtig, klar zu machen, dass dies Didos Story ist«, führt Regisseurin Amma Asante aus. »Ich wollte zeigen, wie sie sich von einem unsicheren Mädchen zu einer selbstbewussten Persönlichkeit entwickelt, die ihre Fähigkeiten gezielt einzusetzen versteht.« Ins Zentrum der Story rückte Assante Didos Liebesgeschichte mit John Davinier. Er rangiert zwar gesellschaftlich unter ihr, hilft ihr aber zu verstehen, wer sie tatsächlich ist.

In Wirklichkeit weiß man kaum etwas von Daviniers und Didos Leben. Man vermutet jedoch, dass John eine Zeitlang Angestellter im Kenwood House war. Asante wies ihn jedoch eine andere Rolle zu: Sie zeichnete ihn als brillanten angehenden Anwalt, der Dido hilft, ihre Vergangenheit zu verstehen und ihr die Möglichkeiten für eine andere, eine freie Zukunft öffnet.

»Dido besitzt eine überaus komplexe Persönlichkeit. Sie ist eine Mischung aus Schwarz und Weiß, sie ist reich, jedoch von armer Herkunft. Ich stellte sie mir als Mädchen vor, dass sich verliebt, so zur Frau wird und darüber hinaus lernt, was es heißt, eine Frau zu sein«, sagt die Regisseurin. »Durch ihre Reise mit John lernt sie, wer sie ist, wo sie hingehört und was sie sich vom Leben wünscht. Es ist eine wunderbare Geschichte über zwei Liebende, die sich jeweils im anderen wiederfinden.«

Aber die Liebe ist in Didos Welt keine einfache Sache, speziell als ihr Status als reiche Erbin bekannt wird. Ein Heiratsangebot von einem Landedelmann, den Lord und Lady Mansfield unwiderstehlich finden, folgt. Es war für Asante ebenso hinreißend wie auch von großer Ironie, dass Dido und nicht ihre weiße, vom Leben bevorzugte Verwandte Lady Elizabeth Murray zu Geld kommt und deshalb zur Frau wird, die man gerne ehelichen würde.

»Elizabeth ist im Gegensatz zu Dido keine Erbin und das stellt die Geschichte doch etwas auf den Kopf«, räsoniert Asante. »Es ist hier die gemischtrassige Figur, die Vermögen besitzt, sie wird zum Objekt männlicher Begierden – ein höchst ungewöhnlicher Zustand, den man damals nicht kannte.«

Aber obwohl Dido über die Sicherheit, die ihr das Erbe bietet, glücklich ist, sucht sie nach wahren Werten. Sie will als Gleichberechtigte behandelt werden, sowohl von der Gesellschaft als auch vor dem Gesetz und all jenen, die sie liebt. Als sie sich dann in John Davinier verliebt, findet sie sich in einem Kreis von Abolitionisten wieder, die die Sklaverei ein für alle Mal abschaffen wollen. Plötzlich wird ihr bewusst, dass man über ihre Herkunft bislang nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen hat.

Während die Liebesgeschichte Didos zum größten Teil der Imagination entspringt, sind andere Teile der Story fest in der Realität verankert – so zum Beispiel der wegweisende Prozess um das Sklavenschiff Zong. An Lord Mansfield, dem obersten Richter des Landes lag es damals, ob der britische Sklavenhandel beibehalten oder endgültig abgeschafft werden sollte.

Für Asante war Didos wehmütige Romanze, die mit den sozialen Gegebenheiten ihrer Tage kollidiert, ein perfekter Weg, um in Belle inmitten eines pittoresken Kostümdramas auch von den Gegebenheiten unserer Tage zu erzählen. »Die Liebesgeschichte lockt das Publikum wohl zunächst ins Kino. Aber wenn es dann den Film gesehen hat, wird es auch etwas über gesellschaftspolitische Zustände gelernt haben«, schließt sie.

Die Haupt- und Titelrolle spielt die junge, aufstrebende britische Schauspielerin mit dem tollen Namen Gugu Mbatha-Raw (die eigentlich Gugulethu Sophia Mbatha heißt!), die vielen Fernsehzuschauern aus Serien wie Spooks, Doctor Who, Bonekickers, Undercovers oder Touch ein Begriff ist. Zu ihren Filmcredits gehören u.a. Larry Crowne und Odd Thomas. Demnächst ist sie an der Seite von Minnie Driver und Danny Glover in dem Drama Beyond the Lights zu sehen, sowie neben Mila Kunis, Channing Tatum und Sean Bean in dem neuen Spektakel der Wachowski-Brüder, Jupiter ascending, der im Februar 2015 in die Kinos kommt.

Mbatha-Raw erzählt, dass es diese riesige Veränderung, die sie in ihrer Rolle durchläuft, letztlich war, die sie zur Rolle hinzog: »Dido legt eine lange innere Reise zurück, sie verwandelt sich von einem beschützten jungen Mädchen in eine selbstbewusste Frau, die ihr Schicksal in die eigenen Hände nimmt.

Schon allein die Idee, eine Frau zu spielen, die Teil der englischen Kulturgeschichte ist (eine gemischtrassige Frau der 1780er Jahre) faszinierte mich. Als gemischtrassige Frau des Jahres 2013 weiß ich, dass es nicht viele historische Geschichten über Menschen wie mich gibt. Wenn heute von einem „dualen Erbe“ gesprochen wird, denken die Leute, dies sei ein modernes Konzept – was natürlich nicht der Fall ist. Und weil Dido zu ihrer Zeit eine Pionierin war, wollte ich ihr gerecht werden. Ihre Story musste endlich erzählt werden.«

»Ammas Vision des Stoffes ist sehr herzlich. Die Geschichte war in der Realität verankert und zudem klug und feinfühlig geschrieben, ohne dabei aber den politischen Zeigefinger zu erheben. Hier werden die Emotionen angesprochen«, führt sie aus. Besonders die Szenen, in denen sie als Dido mit John turtelt (nachdem ihnen verboten wurde, einander zu sehen), bereitete Gugu Mbatha-Raw viel Spaß. »Eine meiner Lieblingsszenen war die im Lustgarten, wo John sie beiseite zieht, um sich bei ihr zu entschuldigen und sie sich schließlich über die Hecke hinweg aneinander schmiegen. Hier ist die emotionale Spannung spürbar – eine wirklich romantische Szene.«

Um die Bandbreite der Geschehnisse richtig zu bebildern (sei es nun der allgemeine Kampf um den gesellschaftlichen Status, die Art wie die Menschen auf Dido reagieren, deren heimliche Treffen mit John oder die juristischen Verfahrensweisen), entschloss sich Kameramann Ben Smithard, auf einer Sony F65 zu drehen. Er beschreibt die Kamera als »sehr high-end« und hält sie für viel »filmischer« als die meisten anderen Digitalkameras.

Aber trotz aller Qualität und Flexibilität dieser Kamera, vermieden Asante und Smithard es, aus der Hand zu drehen und arbeiteten in „Old-School”-Manier, das heißt, sie setzten auf Schienen, Kamerawagen und Kamerabühne. »Es war uns wichtig, diese ungewöhnliche Hauptfigur in einer sehr ungewöhnlichen Welt sicher zu verorten«, erklärt Amma Asante.

»So wollten wir gewährleisten, dass unsere Bilder nicht nervös oder unruhig wirken. Es war uns wichtig zu zeigen, dass Dido eine reale Person war, die wirklich Teile dieser klassischen Jane-Austen-Welt gelebt hat. Die Zuschauer sollen sich in einer Welt wiederfinden, die ihnen schon bekannt ist. Wir wollen dem Publikum eine Welt zeigen, die es schon besucht hat. Also drehten wir auch auf ganz klassische Weise. Und unser Ziel war es, im Film Schönheit, Schönheit und nochmals Schönheit einzufangen.«

Bis zum heutigen Tag wissen wir sehr wenig über Dido Elizabeth Belle. Was ist aus ihr geworden? Was für ein Leben hat sie als reiche, gemischtrassige Frau Ende des 18. Jahrhunderts gelebt? Tatsache ist, dass sie nach dem in Belle (auch) behandelten Zong-Prozess John Davinier geheiratet hat. Das Paar lebte im Londoner Stadtteil Pimlico und hatte drei Kinder, darunter Zwillinge. Als Lord Mansfield 1793 starb, vermerkte er in seinem Testament: „Ich bestätige hiermit, dass ich Dido Elizabeth Belle ihre Freiheit geschenkt habe.” Es war ihm wichtig, diese Tatsache der Nachwelt klar zu machen.

Belle ist, selbst für damalige Zeiten noch sehr jung, 43-jährig, nur wenige Jahre nachdem der britische Sklavenhandel abgeschafft wurde, gestorben. Ihre Todesursache ist unbekannt. Ihr letzter bekannter Nachkomme, Harold Davinier, starb 1975. Er war ironischerweise ein freier weißer Südafrikaner, der in der Zeit der Apartheid lebte.

Noch heute rätseln die Historiker, welchen Einfluss Dido Belle auf ihren Ziehvater Lord Mansfield hatte. Inwieweit beeinflusste sie ihn bezüglich seines Urteilsspruchs im Zong-Prozess, der letztendlich zur Abschaffung der britischen Sklaverei führte und dann auch die Abolitionisten in den neu gegründeten Vereinigten Staaten von Amerika in ihrem Tun bestärkte?

»Ich hoffe, dass die Zuschauer durch meinen Film begreifen werden, dass es nicht nur die weiße Mehrheit war, die endgültig „nein“ zur Sklaverei gesagt hat. Ich mag Belle, weil auch sie „nein“ gesagt hat. Es ist für mich von fundamentaler Wichtigkeit, dass auch der schwarzen Bevölkerung in dieser Geschichte ihre eigene Stimme gegeben wird«, betont Amma Asante.

Belle ist ein sehr interessanter Film über die damaligen gesellschaftlichen Zusammenhänge, der mit hochkarätigen Schauspielern aufwartet, allen voran natürlich Tom Wilkinson und Emily Watson, und natürlich der gern gesehenen Gugu Mbatha-Raw, die sich mit diesem Film gewiss eine Liga nach oben gespielt hat. Amma Asante zeigt in ihrem Film auch, dass man die Sklaventhematik auch ohne äußerliche Gewalt nahebringen kann. Die erfrischende Verbindung von Jane-Austen-Gedusel und dem historischen Bezug des beginnenden Endes der Sklaverei funktioniert hervorragend und macht den Film zu einem unterhaltsamen, aber auch in erster Linie interessanten und spannenden Gesellschaftsreigen mit jeder Menge bunter Kostüme und festgefahrenen Weltansichten. ■ mz

11. August 2014
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OT: Belle
Drama/Geschichte
GB 2013
104 min


mit

Gugu Mbatha-Raw (Dido Elizabeth Belle)
Tom Wilkinson (Lord Mansfield) Eberhard Haar
Emily Watson (Lady Mansfield)
Sarah Gadon (Elizabeth Murray)
Sam Reid (John Davinier)
Penelope Wilton (Lady Mary Murray)
Miranda Richardson (Lady Ashford)
James Norton (Oliver Ashford)
Tom Felton (James Ashford) Moritz Pertramer
Matthew Goode (Captain Sir John Lindsay)
Lauren Julien-Box (junge Dido)
Cara Jenkins (junge Elizabeth)
u.a.

drehbuch
Misan Sagay

musik
Rachel Portman

kamera
Ben Smithard

regie
Amma Asante

produktion
DJ Films
Isle of Man Film
British Film Institute (BFI)
Metrol Technology
Pinewood Pictures

verleih
20th Century Fox

Kinostart: 14. August 2014