Kinostarts Juli 2009
Während der Mailänder Modewoche fällt der österreichische Modejournalist Brüno mit einem Ganzkörperanzug aus Klettverschlussmaterial in einen Garderobenständer, stolpert in einen Vorhang, rempelt Umstehende an, sodass bald allerhand Lagen von Kleidern, Hosen, Blusen und Tüchern an ihm kleben und er als grotesker Stoffball irgendwie auf dem Laufsteg der spanischen Designerin Ágatha Ruíz de la Prada landet.
Dieser Vorfall wurde ihm zum Verhängnis. Die Modewelt war schockiert und Brüno verlor nicht nur seinen Ruf, sondern auch seine Sendung „Funkyzeit mit Brüno“, der „erfolgreichsten Modesendung im deutschsprachigen Raum - außerhalb Deutschlands“. Brüno ist am Boden zerstört. Er braucht eine Idee. Er muss seinen Ruf wiederherstellen. Darum beschließt er, nach Amerika zu gehen, um ein Star zu werden, der „berühmteste Österreicher seit Hitler“ und der „erfolgreichste Schwule seit Arnold Schwarzenegger“.
Mit seinem Assistenten Lutz macht er sich auf den Weg nach Amiland, um zu seinem Starruhm zurückzukehren. Was dann kommt ist schier queer und homoerektisch, dass einem die Schamhaare zu Berge stehen. Er versucht zunächst sein Glück beim TV-Sender CBS. Leider haben die prüden US-Amerikaner keinen Sinn für tanzende und sprechende Schwänze („Das ist schlimmer als Krebs!“), wodurch er sich gezwungen sieht, sich einen Agenten zu nehmen, der ihm zunächst eine Statistenrolle in der TV-Serie Medium vermittelt, die er natürlich, wie sollte es auch anders kommen, vermasselt.
Brüno bekommt wahnwitzige Ideen und tappt immer wieder in Fettnäpfchen, die ihn immer ferner von seinem Ziel abbringen. Bei einem Interview mit Paula Abdul müssen Latino-Gärtner als Sitzmöbel herhalten, er versucht sich mit einem Sextape mit dem ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Ron Paul, tauscht sein iPhone gegen ein afrikanisches Baby, um damit wie Madonna oder Angelina Jolie Schlagzeilen zu machen, und versucht schließlich, auf politischem Wege Berühmtheit zu erlangen. So versucht er, im Nahen Osten Frieden zu stiften und verwickelt Vertreter der israelischen und palästinensischen Seite in ein verwirrendes Gespräch über die Gemeinsamkeiten von Hummus und Hamas.
Es ist nicht leicht, schwul zu sein. Es ist aber noch viel schwerer, Brüno zu sein. Che war gestern! Guerilla-Cohen zeigt uns, wo der Schwanz hängt und legt sich mit der ganzen Welt an. Mit dem gleichen Team, das Borat: Kulturelle Lernung von Amerika um Benefiz für glorreiche Nation von Kasachstan zu machen gedreht hat, und im Prinzip mit der gleichen Geschichte, eckt Cohen überall dort an, wo der alltägliche Wahnsinn herrscht, und hält der Gesellschaft den weltweiten Spiegel vor die Nase. Dabei persifliert Brüno vor allem das Showgeschäft, die Celebritykultur und den Wunsch nach Ruhm um jeden Preis.
Und natürlich fliegen Naziwitze im Minutentakt durch die Reihen. Als Sohn einer jüdisch-iranischen Familie hat er schließlich das angenborene Recht dazu. Er schrieb in Cambridge seine Abschlussarbeit zu dem Thema „Jüdische Aktivisten in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung“. Immer wieder hört man im Film Wörter wie Kugelsack oder Arschwitz, was gewiss nicht unbeabsichtigt klingt wie Auschwitz. Auch hängen an seiner Pinnwand Bilder von Brad Pitt und Mel Gibson, die er Bradolf Pittler und „Der Führer“ nennt, vom „versehentlichen“ Nazigruß im Camp der Nationalgarde ganz zu schweigen.
Sicher ist jedoch, dass Cohen, wie damals mit Borat in Kasachstan, den Zorn Österreichs auf sich gezogen hat. Kritiker aus aller Welt kommen mit gemischten Gefühlen aus dem Kino. Cohen wird es freuen. Er hat es geschafft, derartig kontrovers zu wirken, dass er mit Sicherheit mit Brüno seinen derzeitigen Karrierehöhepunkt erreicht hat. Immerhin hat er es geschafft, alle drei Figuren seiner Da Ali G Show weltberühmt zu machen. Auf jeden Fall sollte ein Jeder gewarnt sein: Brünos Lachsalven treffen nicht nur unter die Gürtellinie, sondern auch ins (Unter-)Bewusstsein! ■ mz